Warum Katzen gerne den Sitzplatz klauen

Einblick in das Verhalten unserer Stubentiger

Jeder Katzenbesitzer kennt das Szenario: Man steht kurz vom Stuhl auf, und schon hat die Katze den Platz erobert. Ob im Büro, am Esstisch oder auf dem gemütlichen Sessel – Katzen scheinen ein untrügliches Gespür dafür zu haben, genau den Sitzplatz zu wählen, den wir gerade verlassen haben. Aber warum tun sie das? Liegt es daran, dass sie uns dominieren wollen? Oder steckt ein komplexeres Verhalten dahinter? Dieser Artikel taucht tief in die Welt der Katzenpsyche ein, erklärt die Gründe für das Sitzplatzstehlen und gibt praktische Tipps, wie man mit diesem charmanten, aber manchmal nervigen Verhalten umgehen kann. Dabei beleuchten wir wissenschaftliche Erkenntnisse, biologische Instinkte und die emotionale Bindung zwischen Katze und Mensch. Entgegen dem weitverbreiteten Mythos, dass Katzen durch das Platznehmen ihre Dominanz zeigen wollen, gibt es keine strikte Rangordnung zwischen Mensch und Katze. Stattdessen sind ihre Beweggründe oft instinktiv, emotional oder praktisch motiviert. Lassen Sie uns die wichtigsten Gründe Schritt für Schritt erkunden.

Die Liebe zur Wärme: Ein biologischer Instinkt

Katzen sind Wärmeliebhaber – ein Überbleibsel ihrer Herkunft als Wüstenbewohner. Ihre Vorfahren, wie die afrikanische Wildkatze (Felis lybica), suchten stets warme Plätze, um ihre Körpertemperatur zu regulieren. Ein Stuhl, auf dem ein Mensch gerade gesessen hat, strahlt eine angenehme Restwärme aus, die für Katzen unwiderstehlich ist. Diese Wärme bietet nicht nur Komfort, sondern hilft auch, Energie zu sparen, da die Katze weniger eigene Körperwärme produzieren muss. Manche Katzen sind so „strategisch“, dass sie geduldig warten, bis der Mensch den Platz verlässt. Sie beobachten genau, wann der Stuhl frei wird, und nutzen die Gelegenheit sofort. Dieses Verhalten ist besonders in kühleren Monaten oder in klimatisierten Räumen auffällig, wo Katzen aktiv nach Wärmequellen suchen. Studien zeigen, dass Katzen Temperaturen zwischen 30 und 36 bevorzugen – deutlich wärmer als die übliche Raumtemperatur.

Vertrauter Geruch: Ein Zeichen von Zuneigung

Ein weiterer Grund, warum Katzen unseren Sitzplatz bevorzugen, ist der vertraute Geruch. Katzen haben einen hoch entwickelten Geruchssinn, der etwa 14-mal stärker ist als der des Menschen. Der Duft ihres Besitzers auf dem Stuhl signalisiert Sicherheit, Geborgenheit und Zuneigung. Wenn eine Katze sich auf Ihren Lieblingsplatz legt – auch wenn Sie ihn länger nicht genutzt haben –, ist das oft ein Liebesbeweis. Sie assoziiert Ihren Geruch mit positiven Gefühlen und sucht diesen Ort, um sich Ihnen nahe zu fühlen.[8] Dieses Verhalten ist tief in der sozialen Natur der Katze verwurzelt. Auch wenn Katzen als Einzelgänger gelten, bilden sie enge Bindungen zu ihren Menschen. Indem sie sich auf Ihren Platz setzen, markieren sie ihn indirekt mit ihrem eigenen Duft, was die Bindung verstärkt. Es ist also kein Machtkampf, sondern eine Art, ihre Zuneigung und Vertrauen auszudrücken.

Der strategische Vorteil erhöhter Plätze

Katzen lieben erhöhte Positionen – ein Überbleibsel ihres Jagdinstinkts. Ein Stuhl, besonders am Esstisch oder im Büro, bietet einen hervorragenden Aussichtspunkt, um die Umgebung zu überwachen. Von dort aus können sie Bewegungen im Raum, andere Haustiere oder interessante Aktivitäten (wie das Essen auf dem Tisch) aufmerksamer beobachten. Diese erhöhte Position gibt ihnen ein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit, da sie potenzielle Gefahren frühzeitig erkennen können. Am Esstisch ist dieses Verhalten besonders auffällig. Katzen sind von Natur aus neugierig und wollen Teil des Geschehens sein. Ein Platz auf Augenhöhe ermöglicht es ihnen, das Treiben genau zu verfolgen – sei es das Schneiden von Gemüse oder das Öffnen einer Dose Thunfisch. Im Vergleich zum Fußboden bietet ein Stuhl also nicht nur Komfort, sondern auch einen strategischen Vorteil.

Psychologische und soziale Aspekte

Neben Wärme, Geruch und Aussicht spielt die soziale Interaktion eine Rolle. Katzen suchen oft die Nähe ihrer Besitzer, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Indem sie Ihren Stuhl „stehlen“, zwingen sie Sie indirekt, sich mit ihnen zu beschäftigen – sei es durch Streicheln, Reden oder das sanfte Verscheuchen. Dieses Verhalten kann auch ein Ausdruck von Eifersucht sein, besonders wenn andere Haustiere oder Menschen im Haushalt konkurrieren. Interessanterweise zeigt eine Studie der Universität Lincoln, dass Katzen, die enge Bindungen zu ihren Besitzern haben, häufiger Plätze wählen, die stark mit dem Duft des Menschen assoziiert sind. Das Platznehmen ist also nicht nur praktisch, sondern auch ein Mittel, die soziale Bindung zu stärken.[22]

Was tun, wenn die Katze den Sitzplatz klaut?

Es kann frustrierend sein, wenn die Katze den Bürostuhl besetzt, gerade wenn man arbeiten muss. Doch es gibt sanfte und effektive Wege, mit diesem Verhalten umzugehen, ohne die Katze zu verärgern oder die Bindung zu beeinträchtigen.

Strategien zur Rückeroberung des Sitzplatzes

Hier sind einige bewährte Methoden, um den Stuhl zurückzubekommen:
  1. Die Katze sanft umsiedeln: Heben Sie die Katze vorsichtig hoch und setzen Sie sie auf einen alternativen, ebenso gemütlichen Platz, wie eine Decke oder ein Katzenbett. Um Proteste zu minimieren, legen Sie eine weiche Unterlage unter den Stuhl, die Sie mitsamt der Katze bewegen können. Belohnen Sie die Katze anschließend mit einem Leckerli.
  2. Neben der Katze sitzen: Wenn genügend Platz ist, versuchen Sie, sich neben die Katze zu setzen. Dies ist zwar unbequem, signalisiert aber, dass der Platz geteilt werden kann. Oft springt die Katze nach kurzer Zeit freiwillig ab oder kuschelt sich an Sie.
  3. Einen zweiten Stuhl nutzen: Holen Sie einen weiteren Stuhl und platzieren Sie ihn neben der Katze. Viele Katzen folgen ihrem Besitzer und wechseln auf den neuen Stuhl oder sogar auf Ihren Schoß. Dies ist eine stressfreie Methode, die die Katze nicht vertreibt.
  4. Ablenkung schaffen: Locken Sie die Katze mit einem Spielzeug oder einem Laserpointer vom Stuhl. Dies funktioniert besonders bei verspielten Katzen und macht Spaß für beide Seiten.
Zwangsmaßnahmen wie lautes Schreien oder Wegschieben sollten vermieden werden, da sie Stress auslösen und das Vertrauen der Katze beeinträchtigen können.[25]

Langfristige Lösungen: Alternative Plätze schaffen

Um das Sitzplatzstehlen zu reduzieren, bieten Sie der Katze attraktive Alternativen:
  • Warme Liegeplätze: Legen Sie eine beheizte Katzenmatte oder eine Decke in die Nähe Ihres Arbeitsplatzes. Heizkissen mit niedriger Temperatur sind ideal.
  • Erhöhte Plattformen: Installieren Sie einen Kratzbaum oder eine Fensterbank mit Kissen, von wo aus die Katze alles im Blick hat.
  • Duftübertragung: Reiben Sie eine Decke an Ihrer Kleidung, um Ihren Geruch zu übertragen, und legen Sie sie auf einen Katzenplatz. Dies macht den Ort für die Katze anziehend.
Tipp: Platzieren Sie eine kleine Box oder einen Karton in der Nähe – Katzen lieben es, in engen Räumen zu liegen, und wechseln oft freiwillig dorthin.

Der kulturelle Blick: Katzen und ihre Eigenheiten

Das Sitzplatzstehlen ist nicht nur ein biologisches Phänomen, sondern hat auch einen kulturellen Charme. In sozialen Medien wimmelt es von Fotos und Videos, die Katzen auf Stühlen zeigen – oft begleitet von humorvollen Kommentaren über die „Herrschaft“ der Katze im Haushalt. Dieses Verhalten unterstreicht die einzigartige Persönlichkeit von Katzen und ihre Fähigkeit, uns zum Schmunzeln zu bringen. Es erinnert uns daran, dass Katzen keine bloßen Haustiere sind, sondern Gefährten mit komplexen Bedürfnissen und Vorlieben.

Sitzplatzstehlen als ein faszinierender Ausdruck von Katzenverhalten

Das Sitzplatzstehlen ist ein faszinierender Ausdruck von Katzenverhalten, das Wärmesuche, Zuneigung und Instinkt vereint. Statt es als Ärgernis zu sehen, können wir es als Gelegenheit nutzen, die Bindung zu unserer Katze zu stärken. Durch sanfte Strategien und das Schaffen alternativer Liegeplätze finden wir eine Balance zwischen unseren Bedürfnissen und denen unserer Stubentiger. Beobachten Sie Ihre Katze, lernen Sie ihre Vorlieben kennen und genießen Sie die kleinen, charmanten Eigenheiten, die das Zusammenleben so besonders machen.

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